Datum: 09.01.2025
Im September 2024 fand das Lausanne 4 Gathering in der südkoreanischen Stadt Incheon (Seoul) statt. Dieses Treffen brachte mehr als 5.000 Führungspersönlichkeiten, Theologen und Missionare aus über 200 Länder zusammen, um über die Herausforderungen und Möglichkeiten der Evangelisation im 21. Jahrhundert zu diskutieren. Österreich wurde durch Andrea Sturm-Lauter (Vorstand ÖEA, ARGEGÖ) und Christian Pichler (IFES Europa, Langham) vertreten. Oliver Stozek, Generalsekretär der ÖEA, war Teil des virtuellen Kongresses. Alice Tlustos leitete die Arbeitsgruppe Creation Care.
Die Entstehung der Lausanne-Bewegung: Eine kurze Historie
Die Lausanne-Bewegung wurde 1974 durch den Prediger Billy Graham ins Leben gerufen, als er die erste internationale Konferenz für Weltmission in Lausanne, Schweiz, organisierte. Höhepunkt dieses ersten Treffens war das Lausanne-Covenant, ein theologisches Dokument, das die globale Kirche zur Evangelisation und Mission verpflichtete.
Seitdem fanden zwei weitere bedeutende Treffen statt: Lausanne 2 1989 in Manila und Lausanne 3 2010 in Kapstadt. Jedes dieser Treffen baute auf den vorherigen Konferenzen auf und erweiterte den Fokus der globalen Missionsarbeit, um den spezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen der jeweiligen Zeit gerecht zu werden. Die Lausanne-Bewegung entwickelte sich zu einem zentralen Akteur in der internationalen Missionslandschaft.
Lausanne 4 Gathering 2024: Ein Überblick
Das Lausanne 4 Gathering (22.-28.09.) setzte diese Tradition fort und feierte gleichzeitig ihr 50-jähriges Bestehen. Die Wahl von Incheon (Seoul) als Austragungsort war nicht zufällig: Südkorea ist weltweit bekannt für seine dynamische christliche Gemeinschaft und sein starkes Engagement in der weltweiten Mission. Das Thema von L4 war: Let the Church Declare and Display Christ Together (Lasst uns als Kirche gemeinsam Christus verkünden und sichtbar machen).
„Wir möchten, dass der Vierte Lausanner Kongress der Weltkirche ein Gefühl für die Dringlichkeit und die Notwendigkeit einer tieferen und umfassenderen Zusammenarbeit vermittelt, um Zeugnis für Jesus Christus und seine Lehre abzulegen – in jeder Nation, in jedem Bereich der Gesellschaft und im Reich der Ideen“ schreiben sie auf ihrer Website.
Die Konferenz verfolgte drei Hauptziele:
- Reflexion über die bisherigen Erfolge und Herausforderungen der weltweiten Mission seit Lausanne 3 (2010).
- Entwicklung neuer Strategien für die Evangelisation und Missionsarbeit in einer sich wandelnden Welt.
- Ermutigung und geistliche Stärkung der Teilnehmer, um mit neuer Energie und Vision in ihre Heimatländer zurückzukehren.
Besondere Schwerpunkte des Lausanne 4 Gatherings
Neben den klassischen Themen der Evangelisation und Mission, die in jeder Lausanne-Konferenz eine zentrale Rolle spielen, setzte das Lausanne 4 Gathering 2024 neue Schwerpunkte, die die aktuellen Herausforderungen der globalen Kirche widerspiegeln.
Die 25 „Gaps“ bezeichnen spezifische Lücken in der Missionsarbeit, welche identifiziert und während dieser Tage in Arbeitsgruppen behandelt wurden. Diese Lücken umfassen Bereiche, in denen die Evangelisation und die christliche Missionsarbeit entweder unzureichend ist oder besonderen Herausforderungen gegenübersteht. Beispiele für solche „Gaps“ sind marginalisierte Bevölkerungsgruppen, unerschlossene Sprachgruppen sowie gesellschaftliche Themen wie Armut, Umweltschutz, Gender und Sexualität, etc. Ein paar Beispiele im Detail:
Die Arbeitswelt als Missionsfeld
Die Absicht hinter diesem Schwerpunkt war, Christen dazu zu befähigen, im Berufsleben Einfluss zu nehmen, indem sie Werte wie Integrität, Gerechtigkeit und Nächstenliebe verkörpern. Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit betont, Netzwerke und Initiativen zu schaffen, die Christen dabei unterstützen, ihren Glauben in den oft säkularen und wettbewerbsorientierten Arbeitskontexten authentisch zu leben. Der Arbeitsplatz in der modernen Gesellschaft spielt eine Schlüsselrolle, ist in der Realität aber ein oft übersehener Missionsbereich.
Mission in der digitalen Welt
Lausanne ermutigte die Kirche nicht nur physisch präsent zu sein, sondern auch online. Während viele Teilnehmer die Bedeutung der Digitalisierung anerkannten, gab es auch Skepsis darüber, ob die traditionellen Kirchenstrukturen in der Lage sind, sich schnell genug anzupassen, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten.
Migrationsbewegungen und die Rolle der Kirche
Ein weiteres Thema war die zunehmende Migration weltweit. Die Konferenz betonte, dass die Kirche auf die Bedürfnisse von Migranten und Flüchtlingen eingehen muss, sowohl in praktischer als auch in spiritueller Hinsicht. In vielen Ländern haben Migranten für Wachstum in der Kirche gesorgt.
Christen-Verfolgung
Verfolgte Christen war ein emotionales und zentrales Thema. Viele der Teilnehmer kamen aus Regionen, in denen Christen täglich mit Diskriminierung und Gewalt konfrontiert sind. Durch Berichte und Zeugnisse wurde die Dringlichkeit unterstrichen, verfolgte Christen zu unterstützen und ihnen eine Stimme zu geben.
Die 12 Steine der koreanischen Kirche
Ein besonders symbolträchtiger Moment war die Präsentation der 12 Steine der koreanischen Kirche. Diese Steine standen für die wichtigsten historischen Meilensteine der koreanischen Christenheit, angefangen von der Ankunft der ersten Missionare im 19. Jahrhundert bis hin zur Rolle der koreanischen Kirche in der heutigen globalen Missionsbewegung. Die Steine symbolisierten nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Verpflichtung der koreanischen Christen, die Mission in die Zukunft zu tragen, was auch als Inspiration für die Weltweite Kirche gedacht war.
Kritische Punkte und Herausforderungen
Das Lausanne 4 Gathering 2024 war ein wegweisendes Ereignis. Trotzdem gab es auch berechtigte Kritik. So wurde das „Seoul Statement“ zu Beginn statt am Ende des Kongresses veröffentlicht. Viele Punkte der Erklärung hätten noch diskutiert werden müssen. Einige Teilnehmer bemängelten, dass bestimmte Regionen und Gruppen innerhalb der globalen Kirche nicht ausreichend vertreten waren. Es gab den Kritikpunkt, dass die Agenda zu US-amerikanisch ausgerichtet und dabei die regionale Autonomie vernachlässigt wurde, sowie dass Lausanne 4 es nicht geschafft hat, zu einem wirklich polyzentrischen Missionsmodell überzugehen, bei dem Leitung und Entscheidungsfindung gleichmäßig auf alle Regionen der weltweiten Kirche verteilt sind.
Fazit und Rolle von Österreich?
Unter dem Strich war es ermutigend zu sehen, wie Gott global am Werk ist und seine Gemeinde trotz Widerstand und Verfolgung wachsen darf. Mit den neuen Schwerpunkten versuchte Lausanne 4 auf die Komplexität der Missionsarbeit im 21. Jahrhundert einzugehen. Außerdem bekräftigte das Treffen die Verpflichtung der globalen Kirche, trotz aller Herausforderungen das Evangelium in die Welt zu tragen. Zum Abschluss des Lausanne 4 Gatherings unterschrieben die Teilnehmer ihre Absichtserklärung, dieses Ziel mit ganzer Kraft zu unterstützen.
Als Christen in Österreich dürfen wir die Wichtigkeit nicht missachten, unsere Stimme zu den Themenschwerpunkten zu erheben, uns an dem weltweiten Diskurs zu beteiligen und von der globalen Kirche zu lernen.
Christian Pichler, IFES Europa, Langham