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Datum: 02.12.2020

Verantwortung wahrnehmen und Freiheit gestalten – mit Rücksicht auf den Nächsten

Gedanken zu Herausforderungen für Christen in Frei-/Kirchen, Gemeinden, Werken und Verbänden in der gegenwärtigen Corona-Krise:

1. Wir glauben an den lebendigen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der zu jeder Zeit die Welt in seiner Hand hat. Weil er die Situation der Corona-Krise überblickt und ein „Backofen voller Liebe“ (Martin Luther) ist, wollen wir nicht Angst und Sorge, sondern Hoffnung verbreiten und das Evangelium verkündigen. Wir fordern Christen auf, durch ihr gelebtes Gottvertrauen andere zu ermutigen, dieses Vertrauen zu wagen.

2. Der gemeinsame Auftrag unserer Frei-/Kirchen, Gemeinden, Werke und Verbände ist es, Raum für geistliches Leben zu eröffnen, versöhnende Zeichen zu setzen und auch in der Krise mutig neue Wege zu gehen und Orte anzubieten, wo Menschen Gemeinschaft und Orientierung finden können.

3. Wir sind dankbar, dass der österreichische Staat das „Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit einschließlich der Freiheit der Religionsausübung“ gewährleistet. Dieses Grundrecht gewinnt gerade in Krisenzeiten an Bedeutung. Menschen suchen in Zeiten großer Verunsicherung und Existenzängste Trost und Halt, zum Beispiel in Gottesdiensten. Wir wollen achtsam mit diesem Grundrecht umgehen, auf geltende Ordnungen achten und auf keinen Fall durch Leichtfertigkeit zu einer verstärkten Corona-Verbreitung beitragen.

4. Wir glauben, dass es elementar wichtig ist, die geistliche Dimension der gegenwärtigen Lage zu thematisieren. Sie bietet uns die Gelegenheit, vor Gott zur Ruhe zu kommen und vor ihm still zu werden. Wir können fragen, wie und was Gott uns mit dem Evangelium schenkt, was der Kern unseres Glaubens ist, die Mitte von Gemeinde und Gottes Herzensanliegen für seine Kinder. Darum ermutigen wir unsere Mitchristen zum Verzicht auf Aktionismus und zu mehr Gelassenheit, Tiefgang, Besinnung und Ausrichtung auf Jesus Christus. Christen haben Hoffnung, die über das natürliche Leben hinausgeht.

5. Wir sind davon überzeugt, dass gesundes geistliches Leben in Gemeinden, die für einige Zeit ihre Aktivitäten zurückfahren müssen, sich nicht durch eine Pandemie ersticken lässt. Wir unterstützen Kreativität und die Entwicklung von digitalen Kommunikationswegen, die virtuelle geistliche Angebote ermöglichen, und ermutigen, neue Formen des Gemeindelebens zu entdecken.

6. Eine Situation, wie sie durch das COVID-19-Virus weltweit entstanden ist, bringt es mit sich, dass sich am Ende nicht alle Corona-Maßnahmen als richtig und notwendig herausstellen. Insbesondere die Maßnahmen, die Grundrechte betreffen, brauchen Diskussion in der Gesellschaft und Entscheidungen der Parlamente. Wir sind dankbar für politische Verantwortungsträger, die ernsthaft bemüht sind, die Bürgerinnen und Bürger durch Reduzierung der zwischenmenschlichen Kontakte zu schützen. Dieses Bemühen unterstützen wir durch die entsprechende Gestaltung des Gemeindelebens.

7. Angesichts der Komplexität der Herausforderungen hüten wir uns vor leichtfertiger Kritik. Wir wollen durch Respekt gegenüber den Verantwortlichen und durch vermehrtes Gebet „auffallen“. Wir weisen Verschwörungstheorien und unsolidarische Verhaltensweisen ausdrücklich zurück. Vielmehr fordern wir Christen heraus, durch ihr Reden und Verhalten versöhnend in unsere Gesellschaft hinein zu wirken.

8. Wir nehmen wahr, dass Menschen durch diese Pandemie vermehrt wirtschaftlich, sozial und psychisch leiden. Wir ermutigen zum Gebet und zu besonderer Verbundenheit. Wir rufen Mitchristen auf, diesen Menschen durch tatkräftige Hilfe und konkrete Zuwendung die Erfahrung von Gottes Liebe und Barmherzigkeit zu ermöglichen.

Der Vorstand der Österreichischen Evangelischen Allianz, 27. November 2020
(Das Original der Erklärung stammt von einer Initiativgruppe aus Deutschland mit acht Leitungspersonen aus Kirchen, Freikirchen, Gemeinschaften, Verbänden und Evangelischer Allianz und wurde mit freundlicher Genehmigung für Österreich übernommen und adaptiert.)

Erklärung als PDF zum Download