Datum: 11.08.2021
Am 21. Juli führte die Geheimpolizei MSS mehrere Razzien in mindestens vier Städten der Region Lebap durch. Dies war der erste Tag des islamischen Opferfestes Eid al-Adha. Die Beamten beschlagnahmten religiöse Literatur und erklärten gegenüber den Muslimen, dass sie nur den Koran zuhause haben dürften. „Wenn sie irgendein religiöses Buch finden, selbst wenn dieses den staatlichen Normen über religiöse Literatur entspricht, beginnen die Beamten, die Menschen zu befragen“, erklärte ein Einheimischer gegenüber Radio Free Europa. Religiöse Literatur wird immer wieder beschlagnahmt und zwar sowohl innerhalb des Landes als auch von Personen, die nach Turkmenistan einreisen oder aus dem Land ausreisen. In Turkmenistan wird nur sehr wenig Literatur produziert, wodurch es fast unmöglich ist, ein Exemplar des Korans oder der Bibel oder andere religiöse Bücher zu erwerben. Die Realität steht damit in krassem Widerspruch zu den Behauptungen des Regimes im Bericht an den UN-Menschenrechtsausschuss vom 27. März 2020: „Turkmenische Staatsbürger, Ausländer und Staatenlose haben das Recht, religiöse Literatur und andere Informationsmaterialien mit religiösem Inhalt in jeder Sprache ihrer Wahl zu erwerben“.
Zahlreiche Moscheen und sonstige Gottesdienststätten sind geschlossen, möglicherweise zum Zweck der Eindämmung der Verbreitung von Covid-19, während Gedenkfeiern für den verstorbenen Vater von Staatspräsident Gurbanguly Berdimuhamedow und andere offizielle Anlässe mit tausenden Teilnehmern ohne Social Distancing oder Masken stattfinden durften. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass das Regime bisher die Existenz von Covid-19 in Turkmenistan nicht zugestanden hat.
Die Ausübung der Religions- bzw. Glaubensfreiheit ist in Turkmenistan massiv eingeschränkt. Nur vom Regime genehmigte Religionsgemeinschaften dürfen vom Regime genehmigte Aktivitäten in genehmigten Räumlichkeiten durchführen. Jede Religionsausübung ohne staatliche Erlaubnis, wie z.B. das Mitteilen von Glaubensüberzeugungen, ist verboten. Eine Genehmigung für neue Gottesdienststätten zu erwirken ist extrem schwierig bis unmöglich. Das Moskauer Patriarchat der russisch orthodoxen Kirche versucht seit 2015 vergeblich, sechs neue Pfarren registrieren zu lassen.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 6. August 2021)
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA